Anselm als Lehrer 12.Jh

de casu diaboli

Der Fall des Engels und seine Bedeutung für die Bildung des Verantwortungsbewußtseins der Freiheit des Menschen


1. Zusammenhang in Begriffen der Wesenheit des Göttlichen

„de veritate“ knüpft an die Vernunfteinsichten im Gottesverhältnis an, wie sie für das mitvollziehende Denken in Monologion und Proslogion exponiert waren. Anselm stellt im Vorwort einen Zusammenhang mit den nachfolgenden beiden Schriften heraus, den er für Lektüre und Weitergabe zu beachten anmahnt. Mit „de libertate arbitrii“ und „ de casu diaboli“ wird die vom Monologion her – und „de veritate“ setzt ja mit einem Zitat zur Wahrheit als ewiger aus diesem Werk ein:

als unabweislich sich stellende Aufgabe der Wahrung der Einheit der Wesenheit des Göttlichen für die Begriffe von Wahrheit, Gerechtigkeit, Freiheit und Rechtheit aufgeworfen - und zwar durch ein Verhalten, das mit dem Lehrgespräch zwischen Meister und Schüler die Lösungsversuche und ihre Prüfungen in den Rahmen einer gemeinschaftlichen Erkenntnissuche und der einverständigen Einsichtsbildung einbindet.

Bemerkenswert und vielleicht ein Schlüssel zur Gesamtdeutung ist nun, daß es hier erst gelingt, die Probleme der Einheit der Mehrheit der Wesensbegriffe mit dem auf das Vermögen des Denkens und seiner Grenze reflektierenden Bestimmung des Gottesbegriffs des Proslogion so zu verknüpfen, daß die Wesenheiten als Grund und Maß im Verhalten von Vermögen ihre Wirksamkeit erfahrbar werden lassen und so zu einer Bestimmung als bestimmende führen, die alles Definitionsverhalten des Denkens (von Gott) auf die Annahme der Grundverhältnisse in der Erneuerung des ursprünglihen Maßes wendet und darin allein eine „Bestimmbarkeit“ des Wesens aus dem angenommenen = geglaubten Einheit gewährt – und mit den Verbindungen der Vermögen allererst die Einheit der sich nur in diesem Zusammenhang der Grundverhältnisse unterscheidbar zu erkennen gebenden Wesenheiten (Gottes) so zu wahren vermag, daß die Einfachheit (nicht Zusammengesetztheit) nicht in Unbestimmtheit verschwindet.

Vor allem in „de casu diaboli“  ist der Gebrauch und die Thematisierung von „potestas“ auffällig. Bereits in „de veritate“ werden Möglichkeitsbedingungen (am Beispiel des Vermögen des Sehens – vgl. Band der Wahrheit – Sonnengleichnis) und die „Wechselseitigkeit“ des einander Bestimmens nur in der Annahme als maßgeblich im Einheitsgrund für die Einheit von sich zur Einstimmung erneuernd als verbunden und einander bedingend erweisenden, zu erkennen gegeben und so einander zu achten wieder befähigter Vermögen zugeordnet.

Im Verhältnis von Lehrendem und Lernenden, Meister und Schüler, werden die aufgeworfenen Fragen zu einer  Form der Bestimmungsarbeit geführt, die dem von Monologion und Proslogion aufgenommenen Bildungsanliegen (der Einsichts- und Beurteilungsvermögen im Gottesverhältnis) des je auf Mitvollzug angelegten Verfahrens der argumentativ ihrer Beurteilungsgründe sich vergewissernde Vernunft (für einen durch den Zusammenhang von Wahrheit, Gerechtigkeit, Freiheit und Rechtheit im Verhalten von Vermögen) gerecht zu werden sucht.

Lernen und Bildung sind weder ohne ein Maß der Wahrheit und der Richtigkeit für ihre Berichtigungen möglich, noch ohne Freiheit in Verantwortung des je eigenen, Einsicht bildenden Vernunftgebrauchs. Ebensowenig ist Verantwortung oder Schuld ohne Freiheit möglich. Daß und wie Vernunfteinsicht und Freiheitsverantwortung in der praktsichen Urteilskraft verschränkt sind und daß ohne ihre Einheit kein stimmiges Verhalten zu Gott im Bewußtsein oder Denken, was wir von glauben, eingenommen werden kann, dies einsicht werden zu lassen gehört zum Bildungs- und Wirkungsanliegen der Werke Anselms insgesamt.

Im Gottesverhältnis eines seiner Vernunftvermögen und Urteilskraft selbst bewußten (seinen Erkenntnisanspruch verantwortendes) Denkens muß es darum – als Bedingung im Selbstbewußtsein der Vernunft ihres praktischen Erkenntnisvermögens – ein Verhältnis zu Gründen und Maßgaben geben, wie im Verhältnis zum Wesen des Göttlichen begreiflich geworden, die nicht wie eine effiziente Ursache (nach Kausalgesetzen) bestimmend wirkt, sondern als Freiheit ermöglicht und dies kann als göttlicher Grund nur möglich und annehmbar sein, wenn sie im Grund ihrer Vermögen in Einheit bleibt als durch alle Wesenheit des Göttlichen mit bestimmt und bedingt. Denn die Vernunft ist das Vermögen der Gründe.

Anselm exponiert diese Einheit im Ursprungsverhältnis der Vermögen selbst sind Vernunft und Freiheit asl handelnde Personen sein zu können für die „ursprüngliche Verbindung“ von Wahrheit Freiheit Gerechtigkeit als mit der Güte der Gabe des Ursprungs, darin Gott sich je wesentlich selbst gibt (im Sprechen) vereinbar. Dann sit der Bogen von de veritate über de libertate arbitrii bis hin zur Erörterung in de casu diaboli gespannt, um deutlich werden lassen zu können, daß das Grundverhältnis im Maß der sich selbst (asl Maß im Grund, als Grund im Maß) gebenden Wesenheit des Göttlichen auf die Ermöglichung von Vermögen, das als ursprünglich wieder zu empfangende (annehmbar sich erweisende) Maß als auf das Maß in Angemessenheit der Vermögen all dessen gebend, die sich zu ihrem Ursprung als Grund in Anmessung verhalten, die nun als zum Bildungsprozess gehörig, selbst erkennbar wird, und der Schuldfähigkeit als von effizienter Verursachung wie von der Begründung wahrhaften Selbstsein unterscheiden iene Möglöichkeit zuerkennt, die eine Grundlosigkeit ist oder beinhaltet, als ein Verhalten also gekennzeichnet wird, das mit seiner Grundlosigkeit das Grundverhältnis von Vermögen beeinträchtigt (keien andere Wirkung als die Entgründung im Ursprungsverhalten hat, Beschränkung von Erneuerung und Bildung von Vermögen der Freiheit, der Vernunft, der Verantwortung, der Einsicht)
und den Vermögen die Rechtheit ihrer Ausübung raubt, also das Vermögen als Vermögen beschädigt

Die Verbundenheit mit den Wesenheits- (= Ideen-)bestimmungen in Monologion und Proslogion V ff. wahrend, knüpft das Band der Vermögen an die Formulierung des Gottesbegriffs von Proslogion II an, darin das reflexive Vermögen des Denkens bereits in Einsicht seiner Grenze angesprochen und für die Bestimmungseinsicht (Erkenntnis, Wahrung) im Gottesverhältnis gebraucht worden und thematisch geworden ist.

Anselm hält diese Erkenntnis, wie zuletzt noch einmal Gäde betont, für seine späteren Schriften durch und dies wird dann vor allem für die Auslegung von Cur deus homo bedeutsam sein, eröffnet aber schon für den Einsichtsweg von de veritate zu de casu diaboli eine Verbindung mit den Grenzen der Verstandesvermögen – im urteilenden Denken – für die Vernünftigkeit und Dignität dieser so im Bildungsprozess Gestalt werdenden Gotteserkenntnis.

Mit der Klärung der Bestimmungsform des unum argumentum im Proslogion zugrundegelegten Gottesgedankens wird sich zeigen, wie diese Bestimmung des Gottesbegriffs die Urteilsform als Form und damit auch die Form des Begriffs in seiner prädikativen Funktion (als Allgemein- oder Oberbegriff) tangiert und die Haltung des Denkens transformiert, umformt – hin zur Unabtrennbarkeit von Gottes- und Selbsterkenntnis (also einer Objekterkenntnis entwindet, weil das Erkennende (Subjekt) immer mit zu erkennen und bestimmungsbedingend ist, wirkt) begleitet sein läßt.

In der so notwendig werdenden, aber zugleich eröffneten Selbsterkenntnis (in ihrer Bildungs- und Wandlungskraft – mit Berichtigung zur Wahrung der Rechtheit : als in Selbsterkenntnis wiedererkennbar, ist Rechtheit der Vermögen unverloren) die Verstandesvermögen sich die Begriffsrorm und wir können vermeiden, den Wesensbegriffen des Göttlichen Oberbegriffe zuzuordnen (um sie in Bestimmtheit halten zu können ... nur, da wir sie als Begriffe in wechselseitiger Bestimmung nehmen, da sie als Vermögen einander bedingen: Begriff in Funktionen der Vertretung der Vermögen, die sie bedeuten – Macht des Geistes)

dem als Bestimmung kein wahrer Begriff des Wesens Gottes untergeordnet sein kann

Daß die Rechtheit fälschlicherweise als Oberbegriff für Wahrheit und Gerechtigkeit konnte gehalten werden, zeugt von Mangel an Mitdenken und Ignoranz gegenüber jenen Hinweisen im Text, die solcher „Deutung“ entgegenstehen ....


2.

Es ist unmöglich und der Vernunft auf keine Weise entsprechend, Gottes Handeln als ein bestimmendes unmittelbar auf das Einzelne des Handelns in seinen Willensbestimmungen, sprich, auf die Entscheidungen im faktsichen Handeln von einzelnen zu beziehen, da diese im Gottesverhältnis ja von ihm her – je erneut – das Maß ihrer Rechtheit zur Berichtigung und Umkehr ihrer Orientierungen müssen empfangen können – und das können sie nicht, wenn sie den Willen Gottes auf das je schon faktisch geschehene ihres Tuns und Lassens beziehen, denn dann gibt es keine von Gott her motivierte, vom Wort Gottes her sich bestimmenden Ruf zur Umkehr (in der Seele … als in der Seele zu vernehmen).

Und unvernünftig ist ein solches Vorstellen des Allbestimmens Göttlicher Willensmacht in und durch das Wollen von einem jeglichen hindurch auch, weil die Bezugnahme auf das einzelne als seiend und als faktisch schon geschehen nur durch den Verstand im Wahrnehmungsverhältnis statfinden kann, nicht aber die Haltung ist, die wir in der Annahme des Maßes für das Vermögen des recht Handelns und Entscheidens in der Urteilskraft einnehmen und einnehmen können müssen: diese und eine solche Rechtheit des Handlungsverhaltesn in seiner Haltung ist das für die Umkehr Maßgebliche, diese müssen wir vernehmen können und das vermögen wir nur aus der Vorbildlichkeit Gottes als Person, der nicht nur willentlich Willensbestimmend, sondern als Mensch geworden auch als vom willen Gottes zur Gerechtigkeit und der Erlösung von den Verstrickungen der Verfehlungen bestimmt und sich bestimmen lassend uns erschienen ist, sich uns hingegeben hat – für unsere Sünden, uns von ihnen zu erlösen.

Gott ist das Maß der Sündlosigkeit, da es sich bewährt in der Überwindung der Verfehlung und der Rechtheit derGabe zur Umkehr vom Grund ihres Vermögens her, darin und von dem her sie sich als Vermögen (der Orientierung am Ursprung) erneuert.

Darum ist das Verhältnis Gottes als Vater zum Sohn allein vom Sohn her angemessen zu denken und als Glaubensgehalt im Gedächtnis der maßgeblichen Erneuerung zu wahren – deren Teilhabe aber ist der Geist und wie haben in ihm Teil an der Sohnschaft, aus der sich uns das Väterliche des Verhaltens Gottes im Verhältnis zu ihm als Kinder erschließt, die vom Ursprung her die Bestimmung der Ebenbildlichkeit empfangen haben und also bestimmt sind, erwachsen und königlich zu werden, dem Vorbild und Inbild Christi als König gemäß.

Eine der wichtigsten Texte, darin die Argumentation angelegt ist, in der wir begreifen und einsehen können, warum wir Gottes Handeln (als Vater) nicht nach Modellen souveräner Verfügung oder planmäßiger Bewerkstelligung denken und glauben können (als Glaubensgehalt wahren – d.i. im Geist mit Vernunft bewahren können und als glaubwürdig verkünden), ist Anselms De casu diaboli mit dem von diesem Dialog her sich erschließenden Werkzusammenhang der mit vernünftiger Argumentation durchgeführten Gotteserkenntnis, die theologisch in der Lage ist und uns in die Lage versetzt, der Verkündigung der Evangelien, der Freude ihrer Botschaft im Geist gerecht zu werden: dort, wo sich die Fragen, die Zweifel und Anfragen stellen und ins Gedächtnis für dessen kritisches Potential in der Bewegung der Umkehr eingenistet haben – zum Glaubensgedächtnis im Raum der möglichen Verfehlungen ebenso gehörig, wie die für das Erkennen der Verfehlung maßgeblichen Maße (die sich im Ursprung auf die Ermöglichung von Vermögen beziehen und darum nur in deren Erneuerung vergegenwärtigt, d.i. als Gegenwart des Göttlichen vernommen, angenommen und geglaubt werden können).

Überhaupt, so läßt sich an der Grundlosigkeit des Bösen einsehen, ist das Beobachten in der Haltung des Verstandes Gottes Wesen als der Gerechtigkeit selbst nicht angemessen.

Die ganze Theodizeeproblematik rührt überhaupt nur von einer verfehlten Haltung des in der Beobachterposition beurteilenden Verstandes her; Gottes Gerechtigkeit kann aber nicht erklärend erklärt werden. Sie ist allei nals Maß dort zu vernehmen, wo wir am Auftrag des Gottesknechts, der den Völkern das Recht brignt, im Geist der Bergpredigt teilhaben.

Die Aufforderung – im Gewand der Glückseligpreisungen – der „höheren Gerechtigkeit“ als der des versöhnenden Geistes sich zu widmen und die daraus resultierenden Leiden auf sich zu nehmen, in der Nachfolge der Passion Christi (sein Kreuz auf sich nehmend) ist keine Überforderung der menschlichen Moralität, sondern einzig entsprechende Verhaltensbestimmung der sich nicht nur im Maß der Güte und der Liebe, sondern ebenso im Maß der Gerechtigkeit Gottes erneuernden Seele in ihren Vermögen und deren Verhaltensweisen.

Es ist dabei – und dies hängt mit der Wendung gegenüber der Erklärungsintention des Verstandes zusammen – ebenso unmöglich, Gottes Wesen als Einheit der Wesenheiten in einer Existenzform so zu denken, wie wir die Eigenschaften von Dingen gleich Attributen seines Wesens zusammenfassen und der Einheit eines Seiendseins als Gegenstand zu- und unterordnen, diesen in diesen seinen Bestimmungen zugleich den Allgemeinbegriffen unter- und damit den Gattungen einordnend.

Es ist dies nicht nur auf eine beschränkende Weise für unseren Verstand unmöglich, der dann das Unbegreifliche als zu lobendes an das Glaubensbewußtsein weitergibt, sondern, uns dies ist nun für die Ausgestaltung des Glaubens wesentlich, es ist nicht vernünft wünschbar, dies zu können. Jnicht nur eine Grenze des Könnens, sondern eine Schranke des Wollens in den Intentionen des erklärend und begreifend Gott gegenüber urteilend verfahrenden Verstandes. Denn als Verstand urteilen wir und haben teil an einem Bestimmen, das Gottes Macht als ursprünglicher Bestimmungsgrund in seiner Güte und Gerechtigket der Maßgabe nicht erkennt und anerkennt. Der Verstand erfährt seine Grenze als Vermögen nicht, wenn er statt einer gründlichen Selbstkritrik in der Urteilskraft der Vernunft (als einer kritisch argumentationsfähigen) die nicht erreichte Zielbestimmung seiner Intention in einen dann gedankenlos gedachten Gott projeziert, als wäre er selbst genau so einer, der alles bestimmt, was je ist und war usn ein wird, bestimmt in der Seinsform, wie es der Verstand erfassen wollte, aber nicht in Allheit des Unbegrenzen kann, der also die Intention erfüllt, die der Verstand erreichen wollte, wäre er ein solch göttlicher, der ganz und nur Verstand ist und der dann endlos in der Voraussetztungslosigkeit seiner doch immer in Anspruch genommenen Voraussetzungen zirkuliert. Die WdL hat das in Ansätzen durchgeführt und an ihr kann man das Scheitern des durch seine Verabsolutierung nur vernünftiger scheinenden Verstandes erlernen und die notwendige Kritik zur Umkehr in der Neuorientierung der Vernünftigkeit in der Sorge für alle Vermögen der Seele im Gottes- wie im Selbstverhältnis einüben.

Es ist also keine dem Glauben im Gedächtnis der evangelischen Verkündigung angemessene Gottesvorstellung, ihn als ein Wesen zu denken, das als Substanz das Subjekt ist, das alles bestimmt. Gottes Wesen ist keine „alles bestimmende Wirklichkeit“.

Vielmehr ist es für die Einheit des Gottesgedankens unabdingbar, Erkenntnis im Geist der Nachfolge Christi als ein Vernehmen zu begreifen, darin wir die Kritik als Begrenzung unserer Vermögen von den unvermeidlichen Verfehlungen des urteilenden Verstandes her (denn in und durch ihn denken wir ja, können wir allein sprechen, positiv wie negativ) mitvollziehen und als eigene Arbeit und Aufgabe als gottentsprechend begreifen, und in kritischer Begleitung zur Einsichten zu kommen, die nur mit der Handlung als einer schon sich im Verhalten berichtigenden und so die Haltungen erneuernd bildenden eintreten und sich als Glaubensbewußtsein befestigen kann (Orientierungsleistung) – Kritik in der Geschichte der Häresien und ihrer Widerlegungen in und für die Konziliarität.



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