Proslogion - Das Werk als Wegführung seines argumentativen Gefüges


I.  Vertrauensgrund für die Einsicht – das Fragen nach Sein und Wesen Gottes


1. Rückzug und Aufbruch

Das tragende Argument in Anselm von Canterbury‘s Proslogion1 nimmt als Anrede Gottes und der Seele selbst in ihren Vermögen und Unvermögen eine Bestimmung auf, mit der es das Wesen des Göttlichen im Verhältnis zu je eigenen, sich zu ihm verhaltenden Denk- und Urteilsvermögen begreift und angibt, Gott sei etwas, worüber hinaus größeres nicht gedacht werden könne – aliquid, quo nihil maius cogitari possit (P 2). Daraus folge notwendig, dass Gott ein Sein vernünftigerweise nicht abgesprochen werden kann.

Das im Du Gott als Person sich zuwendende Ansprechen erfolgt in einem sich Abwenden der Seele von zerstreuenden Geschäftigkeiten2 und ruft mit dem Eintritt in die Kammer seines Geistes (mens) das eigene Denken und Empfinden von seinem Herzen her zur Besinnung auf, dass sich ihr dort3 eine sie recht leitende Einsicht erschließe. Das im Denken auf Gott hin sich ausrichtende Fragen verbindet sich mit der Erwartung einer zu gebenden Antwort, die, der Form der Anrede entsprechend, der Seele eine in ihr zur Sprache kommende Einsicht eröffne. Ansprechend wird etwas befragt, das ein sich ihm Zusprechendes sein und dessen Wort ihm gleichsam die Augen öffnen und den Weg der Entsprechung weisen kann.

Das Proslogion ist kein Dialog; es wird keine zweite Person eingeführt, die spricht. Gottes Wort wird als erhofft gültige Antwort aus dem Gehörten erinnert und ist in eigener Einsicht als empfangene zu vertreten. Die sich einem Empfangen von Einsicht zuwendende Haltung wird getragen von einem Gedächtnis des gehörten und erinnerbaren Worts, dem ein Vermögen, Einsicht zu tragen und eröffnen zu können, zuerkannt wird, während das darin Bedeutete unzureichend erschlossen und nicht recht verstanden scheint. Niemand kann, wie Augustinus in 'de trinitate' (X,1) weiß, etwas vollständig Unbekanntes überhaupt lieben und zu erkennen begehren.4 Ein Ungenügen wäre aber dem, was nach Anselm das Genügende schlechthin ist (P 22), nicht angemessen; das aus einem Glaubensbegriff sich bestimmt wissende Einsichtsverlangen kann nicht anders, als im Verhältnis zum Vollkommenen nach Vollendung zu streben. Allerdings könnte eine Frage falsch gestellt, der sie leitende Vorbegriff nicht angemessen sein und ihre Einsichtserwartung eine vergebliche Hoffnung nähren. Da es das Vertrauen auf die Wahrheit im Glauben ist, das dessen Hoffnung begründet, wird das Glaubwürdige von der in seiner Haltung genährten Liebe zum zu Erkennenden getragen und es verlangt das Denken des Hoffnungsgrundes, den der Glaube hält, nach Einsicht.

Es muß im eine Hoffnung begründenden Glauben selbst liegen, dass Fragen nach dem Wesen des Göttlichen in ihm aufkommen. Er nimmt ein Verläßliches an, dem er vertraut und vertrauen darf. Ist das, was das Vertrauen begründete, fraglich geworden, verlangt das Glaubensbewußtsein, seinem Gedächtnis noch treu, nach Einsicht in den Glaubensgrund, aus dem sich sein Vertrauen grundlegend erneuern kann. Dies zu ermöglichen, ist das Versprechen, dem als Gehalt des Glaubens die Treue im Gedenken gehalten wird, allem akut werdenden Zweifel sich entgegenstemmend. Von ihm her muß sich aus dem gewahrten Gedenken ein Maß des Genügens erschließen, aus dem sich die Achtung des Glaubwürdigen für das irritierte Beurteilen, Bewerten und Bedenken wieder mit Einsicht einstellen kann.

Der Anspruch der Vernunft im Bedenken des zu Glaubenden geht nicht ins Unermeßliche; ihr Einsichtsverlangen muß aber damit rechnen, das sich seine Ausrichtung wandeln, der Anspruch der Begründung sich differenzieren und die Intention des Wissenwollens sich begrenzen kann. Grenzen können nicht im Maßlosen liegen. Die Hoffnungen und Erwartungen der menschlichen Seele sind auch nicht auf eine Erfüllung nur im Wissen und Verstehen ausgerichtet, deren ihr Geist eher für die rechte Führung in der Handlungs- und Lebensorientierung bedarf. Der Liebe eröffnet sich die Wahrheit ihres Erkennens in einer Vereinigung, die ihren geistigen Bindungen treu bleibt und selbst Verbindlichkeit stiftet und Vertrauen gründet. Dem Glauben selbst wohnt eine ratio, ein Verhältnis zu Gründen inne, da die religio ein gedenkendes sich Zurückwenden auf einen Ursprung beinhaltet, aus dem sich die Grundlegung einer Gemeinschaft und ein Bewußtsein des für sie im Verhalten aus eigenem Vermögen Maßgeblichen und – als diesen angemessen – der in Güte befolgbaren Weisungen ergibt. An dieser ratio fidei des Vereinigungsgrundes von Göttlichem und Menschlichem liegt es, dass der Glaube (fides) selbst nach Einsicht (intelligere) in seinen Glaubwürdigkeitsgrund verlangt und Anselms Anrede ihren Arbeitstitel gab: fides quaerens intellectum.5

Der nach Einsicht in die Gründe des Verbindlichen und unbedingt zu Achtenden Verlangende sieht sich in den öffentlichen Raum des gemeinschaftlichen Gebrauchs von Gedanken und Begriffen des Ursprungs je eigener Vermögen und ihrer maßgeblichen Gründen gestellt, die ihn auch nach dem Verhältnis von Verstand (intellectum) und Vernunft (ratio) und deren Weisen des Erkennens, Einsehens und Entsprechens fragen läßt. Das Nachfragen übernimmt im Geist des Gedenkens unwillkürlich die Unstimmigkeiten aus dem vielfach Gehörten und Gesagten durch das auf Zusammenstimmung angewiesene Denken in dessen Erkenntnisverantwortung.

2. Erinnerung und Erschließung

„Quid est deus?“ Die Frage stellten sich nicht nur Theologen; sie erhebt sich auch nicht aus einer von Zweifeln unberührten, scheinbar naiven Glaubenshaltung, sondern wurzelt in deren Aufklärung. Seneca hat sie mehr als 1000 Jahre vor Anselm in seinen Naturales Quaestiones (I, 13) zu beantworten versucht und der Gottheit im Verhältnis zu allem, was wir sehen oder nicht sehen können, eine eigentümlich Größe zuerkannt, „qua nihil maius cogitari potest“ und beklagt, „dass die Menschen das, was doch das Allerschönste, Geordnetste und Planmäßigste ist, für etwas Zufälliges und von ungefähr Veränderliches halten“. Solcher Wahn habe selbst „Leute ergriffen, welche sich für Philosophen ausgeben. Es gibt Menschen, die zwar glauben, sie selbst haben einen Geist, und zwar einen, der denke und alles ordentlich einrichte, sowohl was sie selbst, als was andere angeht; aber dieses All, in welchem auch wir begriffen sind, soll planlos sein und entweder von einem blinden Ungefähr getragen werden oder von einem Wesen, das nicht weiß, was es tut?“

Anselm hat seine Argumentation aus dem christlichen Glaubensgedächtnis, dessen theologische Auslegungen und Auseinandersetzungen, aber auch in kritischer Aufnahme dieser Gedanken Senecas über Gott im Verhältnis zur Ordnung der Welt entwickelt. Dies zeigt sich nicht nur an der wortgleichen Übernahme jener Bestimmung in sein Argument, sondern auch an anderer Stelle des Proslogion.6 Es musste aber, um die Würdigung der Gottheit von der erhabenen Größe und Ordnung des Alls unterscheiden und die Fraglichkeit des Erkenntnisverhältnisses einbeziehen zu können, ein methodisch reflektierterer Weg gesucht werden – und dazu forderten die Glaubensgedächtnisse selbst heraus, die ja selbst schon versuchen, das Glaubwürdige gegenüber den Verfehlungen auf eine bezeugte und überzeugende Weise zu überliefern.

Daß für deren Begründung das Göttliche selbst in die Zeugenschaft der es Bezeugenden eintritt, in ihr sich bekundet, spricht oder erscheint, ist eine für die Verfassung von religiösem Bewußtsein im Gottesverhältnis leitende Figur der Glaubensvernunft und bildet auch in methodischer Hinsicht eine besondere Herausforderung der Aufklärung und Würdigung der Struktur des Glaubensgehalts.7

Eine wahrheitsfähige Antwort, was Gott selbst ist, kann sich nur als von dem her eröffnet erweisen, auf den sich die Frage richtet, die nach einer klärenden Einsicht in das durch den Gottesbegriff Bedeutete verlangt. Was im Begriff als dasselbe zu gedenken gewiesen ist, wird im Gedächtnis des mit verschiedenen, teils unvereinbaren Bestimmungen, was Gott oder das Göttliche sei, erinnert. Die Evangelien geben selbst ein Beispiel der Uneinigkeit über den Glaubensgehalt gerade unter den Jüngern, deren Bericht darum einen Bildungsweg mit seinen Verfehlungen und Weisungen zur Berichtung darstellt und nur so in eine Nachfolge zur Erneuerung von Entsprechung weist. Bloß gebietende Gesetzgebung ohne Begründung aus eigener Einsicht taugt, den Grund der Verfehlung und das mißachtende Verkennen des die Treue und Bindungskraft zu wahren und das Maß zur Berichtigung annehmen zu können, nicht.

Mit der Annahme eines Selbstseins des göttlichen Wesens, auf das wir uns im Begriff und seinem bezeichnenden Gebrauch richten, werden die unterschiedlichen Gedanken zum Göttlichen als dem Maßgeblichen und Verbindlichen unter den Anspruch der Vereinigung und der kritischen Entscheidung eines für seine Annahmen verantwortlichen Geistes gestellt. Dies entspricht, was wir grundsätzlich für die Bildung von in der geistigen Orientierung bedeutsamen Begriffen des Maßgeblichen annehmen. Etwas nach einem ihm fremden Maß zu ermessen, wäre immer unangemessen. Dass Unvollkommenes überhaupt „nicht das Maß von irgendetwas“ sein kann, darauf weist schon Sokrates in der Politeia (504c) hin. Leitend ist darum für die Suche, dass sie nach Einsicht in den Einsichts- und Glaubensgrund selbst fragt, wie nur vom Vollkommenen selbst her sich erschließen kann und mit dem Gottesbegriff bereits angenommen ist, ohne doch ausgewiesen zu sein.

Von sich selbst Zeugnis geben kann nur, was den eigenen Ursprung kennt und als Grund der Glaubwürdigkeit zu erkennen gibt.

Was von Gott als von ihm selbst her sich gebend angenommen werden kann, das muß als ein Selbiges gewahrt werden können. Dieses Selbige muß in seinem Wesen das Wassein und die Weisen des Wie des Selbstseins im Erkennbarwerden unabtrennbar vereint zu halten geben und ermöglichen. Mit diesem Anspruch berühren wir das dem unum argumentum zugrundeliegende und von ihm zu erschließen herausgeforderte Leitmotiv des Gottesgedankens, in dem sich das Denken auf die Bedingungen besinnt, was es heißt, sich auf das Göttliche selbst zu richten und entsprechen, schon dafür sich recht von ihm her sich ausrichten lassen zu können: in Wegführung seines Verhaltens.8 Über die rechte Weise dieser Ausrichtung muß darum das Denken von Gott sich Rechenschaft geben können – und genau dazu fordert die von Anselm aufgenommene Wesensbestimmung heraus: sie ist als Argument streitbar und macht sich dem bestimmenden Verhalten von urteilendem Denken Gott gegenüber geltend. Im Glaubensgedächtnis ist darum ebenso die es Infrage stellende Leugnung seiner Wahrheitsfähigkeit präsent und wird – zentral für jene Torheit, glauben zu können, es wäre gedanklich durchzuhalten, das Göttliche sei nicht – aus dem überlieferten Gebeten, hier aus den Psalmen (14 und 53)9 vergegenwärtigt.

Anselm kann darum den Anspruch der Zusammenstimmung als argumentatives Kriterium allein aus der Bezugnahme auf ein im Wort von Gott bedeutetes Selbiges geltend machen: das sich selbst Widerstreitende kann nicht es selbst sein („Sed certe hoc esse non potest.“ P 2; „quod convenire non potest“ P 3).10 Wird etwas, das als dasselbe im Gedanken von ihm gehalten wird, in einem Geltungswiderstreit seiner Bedeutungsbestimmungen gedacht, vermöchte das Denken den Begriff nicht zu halten, die Wortbedeutung nicht mit einem Begriff zu verbinden. Solange es die Frage nach dem Was und dem Sein und dem Wesen Gottes stellt, kann es widerstreitende Bestimmungen nicht entscheidungslos lassen.

Wenn also der Glaube in der Prüfung des Glaubwürdigen im Raum von einander widerstreitenden Angaben und Haltungen zum Göttlichen nach Einsicht verlangt, dann kann nur das als gültig einsehbar werden, was das Einsehen, sein Können und sein Erbitten nicht ad absurdum führt – und das heißt seinem Vermögen gemäß sich erzeigt. Der Ort dieses sich Bezeigens der Angemessenheit göttlichen Ermöglichens ist das Selbstbewußtsein der der Ebenbildlickeit sich verdankenden Vermögen des Seinkönnens von Menschen als der Achtung fähige und würdige Personen.

Jede Grenze eines Verlangens, die für das einzusehen Gedachte das Maß der Angemessenheit ihm gegenüber für das Denkverhalten (es als es selbst denken und achten zu können) wahrt, würde dem Denkenkönnen selbst ein Maß für ein seinem Vermögen angemesseneres Verhalten zuweisen (suum cuique), wenn sich dessen Richtungsbestimmung begrenzt und die Ausrichtung sich umkehrte. Dass es sich in der Ausrichtung seines Verlangens noch nicht angemessen zu verhalten vermag, das weiß und erkennt es selbst11 und erhofft mit der Einsicht eine Bildung seines geistigen Orientierungsvermögens in Berichtigung des noch uneinsichtigen Ansatzes seiner Ausrichtung. Welche Unterscheidungen es dazu in den eigenen Verhaltensweisen des Denkens sowie des Erkennens einzunehmen und für die zu erkundenden Seinsweisen anzunehmen hat, und wie sie wiederum zu verbinden und zu integrieren sind, das will die vorgelegte Abhandlung zum Proslogion untersuchen.

3. Identität im Gedachtwerden des Selbstseins – von etwas, das ist, was es ist

Die Übernahme von Verantwortung zur Erkundung der Einheit und Stimmigkeit des von Gott glaubhaft Gedachtwerdenden kann das im Gebrauch eines Begriffs nach dem, was ihm darin als er selbst bedeutet ist, fragenden Denken nicht abweisen. Es setzt durch die in der Frage und ihren Erwartungen gebrauchten und mit dem Gottesbegriff zusammenhängenden Begriffe die Möglichkeit einer Einsicht gebenden Antwort ihrer Deutung insoweit voraus, dass die Identität in der Begriffsform für Gedächtnis und Bewußtsein ihrer Bedeutungen im Denken als durch Einsicht ermöglichendes Erkennen gewahrt werden kann. Was sich selbst widerspricht oder nur widerstreitvoll denkbar wäre, läßt sich nicht als sich selbst zu erkennen gebend glauben, weder was es ist, noch dass es ist. Noch in den Gedanken an ein Unfassliches oder das Undenkbare ist die Identitätsform des Begriffs von etwas in Gebrauch und Geltung gehalten und gibt dem Denken des Glaubens die ein aussagbares Wissen von Gott begrenzenden Bedingungen einer möglichen Erkenntnis im Gottesverhältnis an.

Wir werden darauf auch für die ab P 14 thematisierte Grenze des Fassungsvermögens, und den Gedanken in P 15, dass Gott „größer“ sei „als gedacht werden kann“, noch zurückkommen, es begleitet aber die Aufgabenstellung in der Gottesfrage und damit die theologische Erkenntnisform grundsätzlich: die Identitätswahrung geht einher mit der Annahme einer Vermögensgrenze, die nur in einer Verbindung verschiedener Verhaltens-, Denk- und Erkenntnisweisen erhalten werden kann, wenn darin eine Angemessenheit sich einstellt, in der die Widerstreite verantwortet, die Einheit der Verhaltensvermögen gewahrt und streitüberwindend eine Einstimmung ermöglicht wird.

Der Gehalt des Glaubensgedächtnis gibt, da er selbst Weg ist, Wege an, wie eine Einheit des Maßgeblichen und Grundlegenden die Ermöglichung leiten, also die Selbstgemäßheit der Vermögen durch vernünftige Einsicht zu einer Haltung kommen kann, die sich auf Gott als Grund stützen und auf seinen Beistand in der Maßgabe zur Entsprechung verlassen kann, wie es die Ebenbildlichkeitsgabe in der Schöpfungserzählung den Menschen verheißen hat.

Das auf eine zureichende Einsicht durch ihre Leitbegriffe ausgerichtete Fragen nach dem wider vernehmlich Werden von ursprünglichem Grund und Einstimmung ermöglichender Maßgabe gebraucht solche Maß- und Grundbegriff aus den tradierten Gedächtnissen, daß das Göttliche wahr, gerecht und gütig sich in seiner Ursprungsgabe wie in ihrer Erneuerung zeigt.

Was sich mit der dafür notwendigen Identifizierung der absoluten, für sich genommen unbestimmbaren Selbstheit im „Sein, dass du ist, was du ist“ mit dem jeweiligen Wesensgehalt von Wahrheit, Gerechtigkeit oder Weisheit vollzieht, warum dies der Verstand nicht durch Aussage oder Zuschreibungen von Eigenschaften im Denken halten kann, das wird im Mitvollzug der Einsichtsbildung, besonders von P 18 her, thematisch und ist in seinen methodischen Konsequenzen darzustellen und einzuholen, begleitet aber die Erläuterungen des Textes des Proslogion in seiner Werkstruktur als ganzes, spannt den Problemhorizont für das Glaubensdenken in seiner Aufmerksamkeit für die Unterscheidungen der Vermögen von Verstand, Vernunft und Urteilskraft in ihrem Ursprung, ihrer Einheit und ihren Grenzen auf.

Anselm beschreibt in der Vorrede seine Suche nach einem Bestimmungsgrund für den seine Einheit wahrenden Gedanken an Gott als den wahrhaft einen und selben, dass er sich innerlich zu fragen begann, „ob sich nicht ein Argument finden ließe, das keines anderen bedürfte, um sich zu beweisen, als seiner allein, und das allein zur Unterstützung dessen, daß Gott in Wahrheit ist … hinreiche.“ (Proemium) Mit der Frage nach einem Beweisgrund steht das Denken im Raum des Bezweifelns von Geltung und der Anerkennung eines Rechtfertigungsanspruchs.12

In der Frage, was Gott selbst in Wahrheit sei, setzt darum die argumentative Besinnung auf den Begriff im Glaubensgehalt mit der Bitte ein, dass durch den, der Glaubenseinsicht gibt, und als der ursprünglich Gebende angerufen wird, selbst einsichtig werden kann, „daß Du bist, wie wir glauben, und das bist, was wir glauben.“ (P 2) Nur so kann das Fragen nach dem Einsichtsgrund die Ausrichtung auf das Selbstsein als Grund des sich als wahr Erweisens festhalten. Die Erwartung richtet sich auf ein Daß-sein, das das Wassein selbst im Wie des Selbstseins eines Entsprechens erschließt, das sich Einsichtsbewußtsein mitvollzieht. Darum ist Gott selbst Geist und sein in Wahrheit Sein im Geist der Wahrheit uns sich eröffnend.

Die erfragte Antwort wird darum nicht eine nur zusammenzusetzende Form haben können, dass einmal und zunächst als zu erweisen angenommen werden kann, dass Gott ist, und zusätzlich in einem zweiten Schritt dann noch zu erkennen ist, was Gott ist, nachdem die Seinserkenntnis gesichert wäre. Es wird vielmehr ein dem Selbstsein des Wesens des Göttlichen angemessener Einsichtsgedanke nur dann und darin sich bilden können, wenn Gottes Selbstsein in einer Weise angenommen sein kann, dass es sein Wassein erschließt und damit der Streit unter Menschen, was sie als göttlich anzunehmen haben, durch überzeugende Weisung des rechten Einsichtswegs überwunden werden kann. Das Selbstsein Gottes kann ohne Einsicht in die seinem Wesen gemäße Seinsweise nicht angemessen gedacht werden und darum kein selbständiges Beweisziel sein. Darum stellen, wie zu zeigen ist, die Kapitel 2 bis 4 des Proslogion keinen ontologischen Gottesbeweis dar, der die Aufgabe erfüllen könnte, die Existenz Gottes isoliert gegen die verhaltensleitende Wesenserkenntnis zu erweisen. Es wäre geradezu die Verhinderung der Erschließung eines sich zu erkennen gebenden Führungsgrundes, den die Leitfrage des Proslogion im Glauben zu suchen anweist. Die in P 4 erreichte Einsicht, dass Gottes Nichtsein nicht selbstübereinstimmend gedacht werden kann, hält ein göttliches Selbstsein als notwendig fest, dessen Wesensbestimmungen durch die angenommene Seinsweise erkannt sein müssen. Das genau zu erkennen aber gewährt das lediglich als nicht negierbar im Begriff des Identischseins gedachte Sein noch nicht, stellt aber mit der Grenze des Denkvermögens im Gebrauch seiner Urteilsvermögen, etwas in seiner gedachten Existenz bejahen oder verneinen zu können, den Anspruch, daß die angeforderte Wesenserkenntnis aus dem Unbedingten der Seinsweise dem Urteilen gegenüber zu erschließen sein muß, ohne deren Erfüllung die Verwirrung in der Orientierung sich erneuerte, wie das wiederkehrende. „Und siehe wiederum Verwirrung.“ (P 18) anzeigt.

Die Selbigkeit im Gottesgedanken kann darum ohne Übernahme der Einstimmungsverantwortung für das, was wir dem Göttlichen Sein als für es wesentlich so zuzudenken haben, dass es als durch ihn entsprungen und als von ihm gegeben durch uns als unser Denken in allem geistigen Verhalten leitend angenommen werden kann, nicht gedacht und nicht gewahrt werden. Sein und Wesen sind für Gottes Selbstsein nur dann unabtrennbar zu halten, wenn das Denken als Einsichtsgrund seiner Gedanken von Gott die Seinsweise des Göttlichen als die Seinsweisen des von ihm selbst her erkennbar werdenden Wesens annehmen kann, uns also eine Verhaltensweise möglich ist, in der wir ihm entsprechen können. Das verstandesgemäße Aussagentreffen über Gott musste scheitern, denn zu seinen uns erkennbar werdenden Seinsweisen gehörten das Sein als Grund von Einsicht und als Ursprung von personaler Vermögen als Geber ihres Maß in ihrer Grenze zur Unterscheidung voneinander.

Die Trennung eines Erweises des Seins als Daß-sein vom Wassein, das dann zur Annahme als höchstes Gut in P 22 führt, nehmen, der Denkform der Summa Theologica des Thomas folgend, Salesius Schmitt und Karl Barth für ihre Deutungen an und orientieren daran ihre Gliederung des Werks (P 2 – 4 für das Daß-Sein und P 5 bis 26 für das Was-Sein als das höchste Gut) als ob es vom ersten Satz des P 2 ausgehend zwei Beweisziele des Werks als seine Erschließungsarbeit leitend geben könnte.13

Die rationalistischen Deutungen des ontologisch gefassten Beweises unterschlagen weitgehend das Problem der Seinsweise des Seins und behandeln nur das Verhältnis von Sein und Washeit, verkennen, dass das Wesen (essentia) die Seinsweise einschließt, wie es das griechische Wort ousia als Anwesen noch erkennbar hält. Die personale Form des Selbstseins, das die Einheit der maßgebliche Wesenheiten für die Entsprechung bedingt, gerät außer Betracht. Durch das uns hier auferlegte durchgängig genaue Beachten des Anspruchs im Gottesverhältnis, einzusehen, dass du bist, wie wir glauben und dass du das bist, was wir glauben (P2), wird, so die berechtigte Hoffnung, vom Proslogion her eine methodisch reflektierte Grundlegung christlicher Glaubenseinsicht sich entfalten lassen zu können, die die Liebe zu Wahrheit und Gerechtigkeit mit dem Dank im Andenken des Ursprungs und der Hoffnung auf Rettung aus der Verwirrung zu vereinen vermag.

4. Denken und Erkennen

Mit der Frage nach dem wahren Sein Gottes ist für das Bewußtsein der Gottesfrage das Verhältnis von Denken und Erkennen thematisch; der Glaube an Gott verlangt durch seinen Gehalt in der Bedeutung des Ursprungs von Seinkönnen, von rechter Orientierung und von Einsicht in die Güte der Weisung eine innere Zusammenstimmung alles für maßgeblich zu Erachtenden, in einer Einstimmung, die das Denken ohne Einsicht und ohne vernehmbare Gründe der Geltung für das gemeinschaftlich zu Befolgende nicht als in Gott selbst gegründet glauben und glaubwürdig halten kann.

Ob das Selbstsein Gottes als es selbst, d.i. identitätswahrend gedacht und – in Selbigkeit – zu denken gewahrt werden kann, ohne erkannt zu sein, schließt die Frage ein, ob es Begriffe geben kann, die ohne Erkenntnisgedächtnis sich haben bilden können14. Sie nimmt in den argumentativen Anfangskapiteln des Proslogion die Gestalt an, ob das bedeutete göttliche Wesen eine solche Seinsweise hat, dessen Selbstsein verneint bzw. so gegeben sein kann, dass es einfach und ohne weitere Bestimmung (als reines Sein) bejaht werden könne. Zeigt sich jedoch ein identitätswahrend bedeutetes Wesen für das bewahrende Gedachtwerdenkönnen als vom Sein unabtrennbar, dann muß schon der im Glauben sich befestigende Gottesgedanke auf einer Erkenntnis beruhen, in der das göttliche Selbstsein Grund der in seiner Seinsweise sich eröffnenden Wesenseinsicht ist. Ohne Annahme des Grundes in einer Begründung und damit im gültigen Verhältnis zum Begründetwerdenden ließe sich ein Sein als Grund aber gar nicht denken. Was geschieht und welche Form das Begründungsverhältnis annimmt, wenn das Begründetwerdende die eigene Ebenbildlichkeit des Menschen ist und diese angenommen sein können muß, wenn man sie angemessen zu denken sucht, das gilt es als Wesensgehalt der religio, sich eines eigenen Ursprungs verdanken zu können, auszulegen.

Mit dem sich zu erkennen gebenden Selbstsein des Göttlichen als Ursprung eines selbstbewußten Seinkönnens in Entsprechung muß sich zugleich der es bedeutende Begriff bilden bzw. gebildet haben, was es heißt, als es selbst das Maß eines angemessenen Verhaltens zu ihm zu sein und zu geben. Das Erzeugen von Ebenbildlichkeit in der Erschaffung von Menschen – die nicht durch das Wort ins Sein gerufen wird, sondern ein angesprochen Werden durch das Gotteswort ermöglicht (Gn 1,29 ff) – stellt das sich Geben als Maß dar.15 Die Schöpfung durch das Wort muss, um recht gedacht und erkannt werden zu können, mitgesprochen werden (Monologion 8), was uns der Logos im Geist ermöglicht; die Schöpfung der Ebenbildlichkeit muß in der Ermöglichung der Entsprechungsvermögen mitgetan werden und erfordert Teilhabe an geistiger Bildung der Orientierung des personalen Verhaltens, des Ethos in der Bildung sittlicher Einsicht.

Die Bedingung des Begriffs sucht das Denken von Gott im Bestimmungsgrund seiner Bedeutungsgeltung sich einsichtig zu machen, wie es durch ihn im Fragen und Antwortsuchen geleitet sein kann; es erkennt sich in die Aufgabe gestellt, einen schon mit der Vermögensbildung gegebenen Erkenntnisgrund wiederzuerkennen – in einer Art Wiedererinnerung, die sich aber nur als Reformation des Gottesbegriffs für die Zusammenstimmung des gemeinschaftlichen Gebrauchs in Glaubenshaltung und Vernunfteinsicht zur Geltung bringen kann.

Bedeutsam wäre dies dann unmittelbar für den Gedanken Gottes als Ursprung wie für die Ebenbildlichkeit und damit das die gesamte Erkenntnisbewegung durchziehende Bewußtsein des Sein- und Geachtetseinkönnens des Göttlichen im personalen Selbstseins. Dass das Personsein im Selbstsein des Göttlichen im Anspruch steht, ist entscheidend auch für die argumentativen Passagen der Denkbarkeits- und Einsichtsbedingungen der Seinsweisen des göttlichen Wesens.

Die für das Denken des Selbstseins notwendige Wesenserkenntnis ist mit dem quo nihil maius Argument noch nicht zureichend erschlossen, wird von ihm her aber, wie das Argumentgefüge in P2 bis P4 zeigt, unbedingt gefordert. Mit der auf ein Vergleichsverhalten im beurteilenden Verhältnis zu Gott als etwas bezogenen Größe ist das Wesen als Maß nicht erkannt und nicht angemessen gedacht und nicht als von Gott her leitend gegeben annehmbar.16 Das aus dem Argument erschlossene Nichtdenkenkönnen von Nichtsein trägt das anzunehmende Sein nicht, da es nur mit einem Erkennen verbunden für wahr erachtet werden kann, das es als Sein von Wahrheit und damit als Erkenntnisgrund, und nicht nur als Denkbedingung des Göttlichen als es selbst annehmen können muß.17

Das Proslogion kann seinen ihm aufgetragenen Erweis (der Vernünftigkeit als Glaubwürdigkeit des Geglaubten) darum mit der Einsicht im Ende von P 4, dass Gottes Nichtsein nicht gedacht werden könne, nicht schon erreicht haben. Das Wassein des Selbstseins ist durch den Ausschluss der Nichtdenkbarkeit für das Daßsein noch nicht gesichert; das Denken hat mit der noch unbestimmten, nur im Vergleich gedachten Grenze noch kein es zuverlässig haltendes und im Gottes- und Selbstverhältnis ausrichtendes und erhaltendes Maß. Das Daßsein ist ohne das grenzsichernde Maß der Wesenserkenntnis, darin das Wassein durch die wesenseigenen Seinsweisen zu denken und zu erkennen gegeben wird und dafür eine Ursprungsbesinnung als unter dem Entsprechungsanspruch stehend erfordert (wie es P 1 ja herausstellt), nicht schon in einer dem göttlichen Wesen angemessenen Weise vernommen. Weder kann es Gott als mit sich identisch halten, noch sich angemessen verhalten: die Selbstangemessenheit bedingt die Identitätswahrung im Gottesverhältnis und umgekehrt. Sie erfordert darum die Annahme einer Grundlegung, in der die unteilbare Selbstheit des Göttlichen mit der Einheit einer Vielheit von Maßgrundgaben zur Selbstangemessenheit in der Entsprechung sich vereinen lassen. Dies stellt sich als das dem Proslogion durchgängig zugrundeliegende theologische Problem dar und macht seine Aufgabenstellung aus, mit der zugleich die grundlegenden Fragen der Ethik und ihre philosophischen Begründungsversuche von Personwürde und Sittlichkeit in Personengemeinschaften berührt werden und entscheidend aufzunehmen sind.

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1 Anselm, der 1033 in Aosta geboren, schrieb das Proslogion 1077/78 als sein zweites Hauptwerk während seiner Zeit als Prior des Klosters Bec in Nordfrankreich. Er gab ihm den ursprünglichen Titel: „fides quaerens intellectum“ - Glaube, der nach Einsicht verlangt. Berühmt wurde das Proslogion wegen des dort zu Anfang unternommenen ontologischen Gottesbeweises – rein aus der Bestimmung des Begriffs. Von 1093 bis zu seinem Tod in 1109 war Anselm Erzbischof von Canterbury und hat von daher seinen in der Öffentlichkeit üblichen Namen.

2 Entfliehe dem, was dich sonst okkupiert – fuge paululum occupationes tuas – den lärmenden Gedanken. Ziehe dich zurück in die Kammer deines Gemüts – intra in cubiculum mentis [Mt 6,6] tuae. (Pros P 1) - „halte fern alles außer Gott und was dir hilft, ihn zu suchen“ - Gefordert ist eine Konzentration auf Gott selbst und die Vermögen der Seele, die diese Ausrichtung in der Selbstbesinnung tragen.

3 mens ist Geist i.S. des Gemüts, als geistig durch Grund und Maß in Verantwortung getragene Einheit der Seele. Das Wort Gottes ist als Gesetz der Bestimmung des Menschen in das Herz aller Menschen eingeschrieben und dort als maßgeblich – der Zerstreuung entgegen – wiederzuerkennen, die Verantwortung für die Einstimmung als Gemeinschaft tragend. (Röm 2,15: daß in ihr Herz geschrieben ist, was das Gesetz fordert, zumal ihr Gewissen es ihnen bezeugt“; Jeremia 31,33 „Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben“ - Zur Bedeutung für die Bundesstiftung als geistiger Bund vgl. 2 Kor 3 „eingeschrieben in unsere Herzen, gekannt und gelesen von allen Menschen“).

4 Aurelius Augustinus, De trinitate, lat-dt, Hrsg. u übers. Johann Kreuzer, Hamburg 2001, Buch X, 1.1, S. 87

5In der Vorrede berichtet Anselm von der ersten Titelentscheidung zur Veröffentlichung für das Monologion und da Proslogion: unicuique suum dedi titulum ut prius 'exemplum meditandi de ratione fidei' et sequens 'fides quærens intellectum' diceretur. - so gab ich einem jeden seinen Titel, auf daß das erste Beispiel dafür, wie man über den Grund des Glaubens nachsinnt, und das folgende Glaube, der nach Einsicht sucht genannt werde.

6 (Die Gottheit sei als mens universi:) Quod vides totum et quod non vides totum. (Seneca) - Quomodo et cur videtur et non videtur Deus a quærentibus eum (Proslogion P 14)

7Joh 8,14 „Auch wenn ich von mir selbst zeuge, ist mein Zeugnis wahr; denn ich weiß, woher ich gekommen bin und wohin ich gehe;“ (…) 8,18 „Ich bin's, der von sich selbst zeugt; und der Vater, der mich gesandt hat, zeugt auch von mir.“ 8,19 „Da sprachen sie zu ihm: Wo ist dein Vater? Jesus antwortete: Ihr kennt weder mich noch meinen Vater; wenn ihr mich kenntet, so kenntet ihr auch meinen Vater.“

Die Frage nach dem, was und wie Du bist, zielt auf dieses noch nicht erkanntseiende Kennen, dessen Träger im Gedächtnis des Geistes in Anspruch genommen wird, ansprechbar anwesend zu sein.

8 Das Wesen Gottes als maßgeblich und ursprünglich hat Anselm zunächst im umfangreicheren Monologion, 1076 entstanden, behandelt, auf das sich das Proslogion u.a. in P 5 rückbezieht. Es versammelt im Duktus eines Selbstgesprächs eine Vielzahl von Argumenten, die Anselm im Proslogion von einem, dem unum argumentum her zu vereinen sucht. „Nachdem ich – auf zwingende Bitten einiger Mitbrüder hin – ein Schriftchen als Beispiel dafür, wie man über den Grund des Glaubens nachsinnt, in der Rolle eines, der still mit sich überlegend nach dem forscht, was er nicht weiß, herausgegeben hatte, bedachte ich, wie dieses durch Verkettung vieler Beweise verflochten sei, und begann bei mir zu fragen, ob sich nicht ein Argument finden ließe, das keines anderen bedürfte, um sich zu beweisen, als seiner allein (…).“ Proslogion Vorrede.

9 vgl. Ps 52: Darin wendet sich das Lied gegen den, der jedes Wort liebt, „das Verwirrung stiftet.“ (52,6). In Ps 53,2 und Ps 14,1 wird die Leugung, wenn der Tor in seinem Herzen spricht, „Es gibt keinen Gott!“, mit dem Unvermögen verbunden, Gutes zu tun – und damit das Sprechen des Worts in einer Gemeinschaftsverantwortung erkannt: „verderbt handeln sie, keiner ist, der Gutes tut.“

10 Daß seine Bedeutung seinen Ursprung erkennbar werden läßt, wird umittelbar nach der Identitätssicherung des Begriffs eins Selbstseins mit dem „durch sich selbst Sein“ in P 5 aufgenommen.

11 Schon das Proemium notiert: der in stiller Überlegung das, was er nicht weiß, untersucht; die einleitende Besinnung in P 1 stellt die Not des nicht recht orientierten Bewußtseins des Menschen ausführlich und eindringlich dar. 

12 Auf eine unbedingte Weise „in Wahrheit zu sein“, ist nur mit dem Sein als Wahrheit denkbar und kann, so wird es sich dem Einsichtsweg zeigen, nur mit der Annahme von Wahrheit als maßgeblich für das darum auf Einsicht sich ausrichtende Denken angenommen sein.

13 vgl. zu den Einwänden Robert Theis, Proslogion, Stuttgart 2005, S. 139 sowie Anselm Stolz, Zur Theologie Anselms im Proslogion, 1933: Die Zweiteilung sei der Sache selbst nicht angemessen.

14 oder ob ein Begriff sich nicht durch die Sachbedeutung seines Gehalts gerade von Zeichen, Worten und Bildern unterscheidet. Der Sachbezug empirischer Begriffe wird für ihren denken Gebrauch, in dem Gegenstände auch als abwesende vergegenwärtigt werden können, durch das ihrer Bedeutung eigene Schema gehalten; Begriffe von Ideen der Vermögen bedürften dann, um ihrer Bedeutungsart von Erkenntnisgedächtnissen gerecht zu werden, dem Mitvollzug der Schematisierung von Ideen.

15 Zu Ebenbildlichkeit und seine Bedeutung für die Orientierung zur Entsprechung siehe zum Dank in P 1 und den Bogen durch das Werk bis zur Versammlung aller Seelenkräfte für das Wahrseinkönnen als Liebe in vereinigender Erkenntnis.

16 Daß die Größe nicht der Leitfaden (vgl Theis S. 156) der Wesenseinsicht ist, zeigt sich u.a. auch daran, dass sie in den Aufzählungen der Begriffe der Wesenheiten (P 12, 18, 22) und ihrer Seinsweisen (P 5, 6, 11 – für die das melius ipsum das Kriterium ist) nie vorkommt.

17 Die Ideen des Seinkönnens von etwas als es selbst sind darum nach Platon nicht durch Denken im Gegensatz zur sinnlichen Wahrnehmung vernehmbar, sondern durch den nous als Vernunft im Geist mit einer Urteilskraft, die sei als Maß in verhaltensbestimmender Geltung hält. idea darf darum nicht mit eidos oder genos verwechselt werden, nicht als Formen oder Allgemeinbegriffe verstanden und noiein nicht mit „denken“ übersetzt werden.

  →  II.



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